ROM – meine kleine Flucht.
Martina: New York war spannend, ist aber nicht meine Herzensstadt. Jetzt geht es Richtung Heimat, aber ich will noch nicht in ein Land, in dem alle deutsch reden, ich brauch noch was für die Seele.
Zeit einfach irgendwo zu sitzen und den Gedanken und dem Stift freien Lauf lassen. Egal was rauskommt. Dem verkleideten Römer, der gebürtig aus China kommt, beim Rauchen zusehen, Geschichten notieren. Oder Tiramisus genauer betrachten – aber schnell, die werden gleich serviert! Ich bin wieder in Europa. Rom hat gut getan.
Martin hat den Defender vom Hafen geholt, sitzt am überfüllten Campingplatz bei Hamburg und schreibt.
Kein weiterer Kommentar nötig oder?
Erster Tag Deutschland
Ich (Martina) könnte heulen. Alles sieht so aus wie daheim, dabei wollte ich doch in meinem Sabbatjahr Abenteuer. Gerade als ich wieder am Nevado Ruiz voll Feuer gefangen hab fürs Reisen auf schlechten Schotterwegen mit dem Defender, müssen wir perfekt gepflegte Asphaltstraßen fahren. Gerade als ich mich so einigermaßen in Spanisch unterhalten kann und am Lernen von Vergangenheitsformen bin, verlassen wir Südamerika. Es reden alle Deutsch, während ich in meinem Kopf in Englisch denke und auf Spanisch versuche zu formulieren. Wird mir ein Kaffee serviert, sage ich „Gracias“ bevor ich denken kann. Die Vögel sind nicht bunt und die Blätter und Bäume zu vertraut. Ich will weg. Ich vermisse das Exotische. Nicht immer und nicht für immer, ich freu mich auf zu Hause, aber das hier ist viel zu sehr zu Hause und es ist doch nicht richtig zu Hause.
Auf einem Segelboot ist wenigstens alles nicht ganz so schlimm! Ein Gutes hat die frühe Rückkehr: wir treffen Anja und Mariano bei ihrem Boot. Auf der „AVA“ kommen Erinnerungen an viele schöne Zeiten in Kroatien hoch. Getrennt voneinander haben Martin und ich nämlich witzigerweise Segel-Erinnerungen. Wenn es schaukelt, bin ich auch nicht ganz so traurig.
Begrüßt werden wir mit „Als ob es gestern gewesen wäre!“ – ja, das stimmt, ein Jahr ist lang, aber für Freunde echt kein großes Ding…
Ich bin die einzige am Boot, die keinen Segelschein hat, einem Ausflug auf der Elbe steht also nix im Wege. Wir dürfen dabei sein, wenn alles zum ersten Mal in Ruhe ausprobiert wird: Ankern, alle Segel setzen, Manöver fahren, unter Brücken durchfahren, Robben beobachten.
Ebbe und Flut birgt zum Einen ganz neue Herausforderungen. Man kann beispielsweise in den Hafen von Otterndorf nur bei Hochwasser rein.
Zum Anderen aber auch lustige Möglichkeiten!
Martin hilft einen Tag lang bei Installation und Reparatur… ein Déjà-vu an den Defenderausbau kommt hoch. Genauso langwierig und verzwickt… nennen wir es einfach herausfordernd!
Mast- und Schotbruch euch zwei und dickes Bussi!
Nachdem es auf der AVA dann nach weiteren drei Tagen Arbeit an der Bilgepumpe und Vorbereitungen für einen längeren Törn aussieht, buchen wir die Fähre, räumen den Steg und gehen in Kiel einkaufen. Wer schon in Norwegen war (wie Martin), weiß: Hamsterkauf vorher hilft!
In Kiel sind alle Hotelzimmer wie weggeblasen und Camping teuer oder weit draußen. Irgendwie schaffen wir es mit etwas Überredung bei einer jungen Rezeptionistin für 8 Euro Parkplatzgebühr auf einem Hotelparkplatz zu schlafen. Nicht sexy, erinnert an Walmartzeiten in USA, aber billig. Meine Melancholie versuch ich mit einem Martina-Frustkauf in einem einschlägig bekannten Laden in den Griff zu bekommen. (Ob ein Schuhtick besser wäre… ich glaube nicht!) An der Kasse schmunzle ich: „Einmal Norwegen, bitte!“, nachdem ich realisier ich kann es auch in deutsch sagen.
Eins davon heißt „111 Gründe Norwegen zu lieben“.
Von den möglichen Fähren nach Norwegen wählen wir die Kiel-Oslo-Variante.
Quelle: http://www.norwegen-insider.de
Das Schiff überrascht uns gewaltig, wir waren auf so ein edles Kreuzfahrtfeeling gar nicht vorbereitet. Titanic lässt grüßen… nobel geht die Welt zu Grunde. Da könnte man es schon noch länger aushalten als nur eine Nacht. Dagegen war die Islandfähre damals ja ein Frachter.
Auch der Defender hat Begleitung für die Überfahrt!